Faszinierender Fund: Wichtige »Lebensbausteine« in jungem Sternsystem entdeckt


Andreas von Rétyi

Astronomen der Europäischen Südsternwarte haben eine sensationelle Entdeckung gemeldet: Mithilfe des neuen ALMA-Radioteleskops stießen sie in einer jungen planetaren Scheibe um einen rund 460 Lichtjahre entfernten Stern auf komplexe organische Moleküle – als Grundlage für die Entstehung späteren Lebens. Diese Entdeckung bestätigt erstmals, dass die wesentlichen Bedingungen zur Lebensentstehung überall im Weltraum gleich sind und wir auch hierbei keine Sonderstellung einnehmen.

 

Die Entdeckung zahlreicher Planeten um andere Sterne hat in den vergangenen Jahren für eine Revolution gesorgt. Wenn auch Astronomen wie Giordano Bruno bereits vor Jahrhunderten von unendlich vielen bewohnten Welten sprachen und für diese »ketzerische Behauptung« schwer büßen mussten, wurden die frühen Theorien erst vor relativ kurzer Zeit bestätigt und ergänzt.

Mittlerweile zählen Exoplaneten sozusagen zum stellaren Standardrepertoire, Astronomen kennen heute eine große Zahl von Sonnensystemen, in denen sie teils mehrere Planeten nachweisen konnten.

Trotzdem stellen sich Wissenschaftler nach wie vor viele Fragen: Wie ähnlich sind diese Himmelskörper den Welten unseres eigenen Systems, wie viele erdartige Planeten gibt es und wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit für Leben im All? Gibt es dort eine entsprechende Biochemie, hat sie, hat Leben bei anderen Sternen überhaupt, eine Chance? In unserem System zeugen vor allem Kometen von den Ursprüngen, auch hinsichtlich des Lebens. Sie enthalten Wasser und komplexe chemische Verbindungen.

Ein Sonderfall der Schöpfung oder ein völlig normaler Vorgang überall in der Galaxis und im gesamten Universum? Natürlich bejaht der gesunde Menschenverstand letztere Option sofort. Doch wo sind die Beweise, so fragen viele Forscher.

Astronomen der Europäischen Südsternwarte ESO sind nun einen wesentlichen Schritt weiter, wenn es um die Beantwortung dieser einen, spannenden Frage geht. Mit ALMA, einem riesigen Verbund von Radioteleskopen auf der chilenischen Chajnantor-Hochebene, gelang ihnen nun erstmals der Nachweis großer Mengen komplexerer chemischer Moleküle um den Stern MWC 480, genauer gesagt in dessen protoplanetarer Scheibe und damit jener ausgedehnten Staub- und Gas-»Oblate«, in der sich schließlich neue Planeten entwickeln.

Was sie hier fanden, waren vor allem riesige Mengen von Acetonitril (Methylcyanid, CH3CN). Die entdeckte Gesamtmenge würde ausreichen, sämtliche Ozeane der Erde zu füllen. Eine einfachere Verbindung, die gefürchtete »Blausäure« (Cyanwasserstoff HCN), fand sich in den kalten äußeren Bereichen der neu entstandenen Scheibe, einem Gebiet, vergleichbar mit dem Kuipergürtel des Sonnensystems jenseits von Uranus und Neptun, wo zahlreiche Urkörper aus dessen Entstehungsphase kreisen – eisige Planetesimale und Kometen.

Im Laufe der Jahre haben sich die Zeichen gemehrt, dass Kometen hervorragende »Speichermedien« für die ursprüngliche Chemie des Sonnensystems abgeben und zusammen mit anderen kleineren Himmelsobjekten aus den Außenzonen unter anderem auch auf die Erde stürzten und sie mit den nötigen Ingredienzen versorgten, um damit den Startschuss für dieEntstehung von Leben zu geben.

»Untersuchungen von Kometen und Asteroiden zeigen, dass der Sonnennebel, der Sonne und Planeten hervorbrachte, reich an Wasser und komplexen organischen Komponenten war«, so stellt Karin Öberg fest, Astronomin am Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics, in Cambridge, Massachusetts, und federführende Autorin der neuen Studie.

Vor allem betont sie: »Wir haben nun noch bessere Beweise dafür, dass dieselbe Chemie auch anderswo im Universum existiert, in Regionen, die Sonnensysteme hervorbringen können, die dem unsrigen nicht unähnlich sind.« Die Forscherin weist auch darauf hin, dass die Moleküle von MWC 480 in ähnlichen Konzentrationen angetroffen wurden wie hier bei Kometen in unserem System.

MWC 480 ist eine im Mount-Wilson-Sternkatalog verzeichnete Sonne in rund 455 Lichtjahren Entfernung. Sie findet sich in der Taurus-Sternentstehungsregion, besitzt etwa doppelte Sonnenmasse und wird von einer noch sehr jungen Scheibe umgeben, die sich aus einem kaltenund dunklen Nebel aus Staub und Gas gebildet hat.

Zwar wissen Astronomen schon länger, dass solche kalten interstellaren Wolken sehr wirksame Produktionsstätten komplexerer Moleküle sind, darunter auch Cyanide, die wegen ihrer Kohlenstoff-Stickstoff-Bindungen zur Bildung von Aminosäuren als Grundbausteinen des Lebens besonders interessant sind.

Doch bisher war nicht klar, ob diese Moleküle nicht in späteren Stadien durch stellare Strahlung wieder zerstört würden.

Die aktuellen Beobachtungen belegen nicht nur ihre Beständigkeit. Es sieht ganz danach aus, als würden diese komplexeren Verbindungen sogar gut »gedeihen«. Sie sind hier viel häufiger anzutreffen als in den interstellaren Wolken und entwickeln sich bereits innerhalb recht kurzer Zeiträume.

Die Astronomen gehen davon aus, dass geeignete Welten in späteren Entwicklungsstadien von Kometen und anderen Eiskörpern mit diesen Lebensbausteinen versorgt werden und die Saat dort dann entsprechend aufgehen kann.

»Aus dem Studium von Exoplaneten wissen wir, dass unser Sonnensystem weder in der Zahl seiner Planeten noch hinsichtlich des Wasserreichtums einzigartig ist«, so kommentiert Öberg und stellt fest: »Jetzt wissen wir auch, dass wir hinsichtlich der organischen Chemie nicht einzigartig sind. Wir haben einmal mehr gelernt, nichts Besonderes zu sein. Vom Gesichtspunkt des Lebens im Universum aus betrachtet, sind das großartige Neuigkeiten.«

Nonkonformisten unter den Wissenschaftlern, wie gerade auch der 2001 verstorbene britische Professor Fred Hoyle und sein langjähriger Kollege Professor Chandra Wickramasinghe, gehen noch einen wesentlichen Schritt weiter und entwickelten kurz gesagt die Ansicht, das Leben selbst könne sich in kosmischen Urwolken und in Kometen entwickelt haben und als kosmische Saat durch die Galaxis ziehen. Vielleicht wird sich bald auch die Mehrheit der übrigen Forscher diesem Gedanken anschließen. Das Universum beweist jedenfalls wiederholt, stets fantastischer zu sein als die kühnsten Visionen der Wissenschaft.

 

 

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